Manchmal eröffnen elementare Ereignisse, wie Linas Diagnose, neue Wege oder Blickwinkel für das Leben!
Viele Sachen werden unwichtig, andere umso wichtiger.
In solchen Situationen erkennt man auch wer wahre Freunde sind!
Deshalb hat es uns sehr gefreut, dass sich eine gute alte Freundin von Nadine nach langer langer Zeit wieder gemeldet hat und uns bereits seit Anbeginn der Krankheit so wundervoll unterstützt hat. Umso mehr freute es uns, dass sie und ihr Mann uns in Cuxhaven besucht haben, um uns in der schweren Zeit beizustehen. Danke Christina und Kai!
Und auch der Aufenthalt von Nadine’s Bruder Stefan und seiner Familie tat uns und vor allen Dingen Lina sehr sehr gut. Sie liebt ihre Cousine Lisa über alles und sorgt sich ständig um ihr Wohl. Und wer sich jetzt fragt, in was für einem Gefährt Lina denn sitzt; dem kann ich nur sagen, dass dies ein Wattmobil der Marke Eigenbau ist. Wer sowas selber bauen möchte bitte beim Kinderhospiz in Cuxhaven nachfragen.
Lina ging es die darauffolgenden Tage wieder schlechter. Sie klagte wieder über die Bauchschmerzen im Bereich des rechten Dickdarmes (wie in Paris und auf der Hinfahrt). Wir befürchteten wiedermal Verstopfung und das Blut wurde untersucht. Wie sich bewahrheitete war der CRP- Wert wieder angestiegen. Doch die schlimme Phase war noch nicht überstanden. Die Schmerzen wurden so stark, dass es auf das Zwerchfell drückte und sie kaum ein klares Wort sagen konnte.
Sie konnte auch nur unter sehr starker Anstrengung atmen und ihre Atmung war so kurz und schnell, wie jemand in den letzen Zügen seines Lebens.
Es war schockierend sie so zu sehen und mir tat es so unendlich leid.
Und durch das Drücken auf das Zwerchfell tat noch zusätzlich ihre rechte Schulter so weh, dass sie sie kaum bewegen konnte.
Wir standen wiedermal kurz davor den Notarzt zu rufen …
Doch die Leitung um Andy Smyk holte den Kinderarzt zu uns, welcher sich mit Erlangen zusammen für eine Verlängerung des Antibiotikums und einen Einlauf entschieden haben. Allerdings brauchte es wiederum zwei Einläufe bis sich ihr Darm entleeren konnte und nach 3 Tagen war der CRP dann auch wieder “ertragbar”.
Leider verpassten Lina und ich dadurch den geplanten Wattwagen- Ausflug mit den Pferde-kutschen zur Insel Neuwerk. Aber es war besser so, die Fahrt dauerte insgesamt 4 Stunden, wobei man bei der Fahrt durch das Watt kräftig durchgeschüttelt worden wäre. Für Ihren Bauch wäre das die Hölle gewesen.
Wir sind ja an der Nordsee und nicht in der Südsee, also gab es selbst-verständlich auch schlechte, verregnete Tage, welche wir dann mit einem Ausflug ins Klimahaus Bremerhaven, ins Kino oder mit dem Besuch eines Zirkus ausfüllten. Lina und auch Lilly waren unglaublich mutig und fassten sogar eine Schlange an.
Das ist auch sowas, worauf ich sehr stolz bin bei Lina.
Sie will alles ausprobieren, ob beim Essen oder bei Aktivitäten.
Selten kommt da ein Nein oder sie empfindet Ekel. Sie ist so tapfer … so stark!
Unser wohl schönster Ausflug war dann auch die Fahrt nach Helgoland.
Ok, die Hinfahrt war noch geprägt von sehr starkem Wellengang und einer fast sich übergebenden Lilly (und Papa); doch als wir auf der nördlichsten Insel Deutschlands ankamen, empfing uns die Sonne und der Wind ließ nach.
Als Tip für alle Rollstuhlfahrer, die den Wunsch haben zur langen Anna zu kommen: Nach dem Fahrstuhl auf das Oberland -> den rechten Weg nehmen! Der führt nämlich ohne Treppen schön an den Klippen vorbei bis zur langen Anna.
Lina wollte aber auch mehr und mehr selber laufen! Sie hatte den Spass daran wieder gefunden und es war wundervoll sie so zu erleben.
Ob beim Drachensteigen, mit dem Rollator fast schon rennend unterwegs, im Bällebad sich austobend, fast jeden Abend die obligatorische Kinovorstellung per Beamer … immer war sie gut gelaunt und liebevoll.
Ihr taten diese Tage auch mal richtig gut. Sie genoss die entspannte Zeit mit uns und es ging ihr fast schon zu gut. Jeder Tag länger brachte uns aber dem Ende näher; dem Ende des Aufenthalts und natürlich auch dem Ende der guten Zeit. Irgendwie war es mir mulmig im Bauch zu wissen, dass dies der vermeintlich letzte Urlaub mit unserer Tochter sein wird. Da versucht man zwangsläufig den Rückreisetag so lange wie möglich nach hinten zu schieben. Wenn man erst im gepackten Auto sitzt, losfährt und dann auf die Zieladresse im Navi schaut, tauchen wohl wieder die alten, ganz furchtbaren Gedanken auf. Im Urlaub kann man die ja etwas beiseite schieben, zuhause nicht mehr.
Und Lina hatte mehr und mehr den Wunsch wieder nach Hause zurück zu fahren … zu ihren Freundinnen, dem Kindergarten und ihrem normalen Trott. Sie vermisste das Planschbecken, in welches wir ihren Toilettenstuhl immer reinstellten, so dass sie nur die Beine abkühlen konnte. Is ja auch klar … an der Nordsee hat sie ja nur die Knöchel benetzt. Im Grunde genommen ist es ja schwer einem Kind das Planschen an einem wundervollen weißen Sandstrand verbieten zu müssen. Das tut mir ja schon in der Seele weh, was muss es erst ihr dann insgeheim weh tun?!
Aber es war ja nicht weiter tragisch, da wir ja sowieso zu dem geplanten MRT nach Erlangen zurück mussten.
Also planten wir unseren Abschied wie vorher schon angedacht … nicht aber um uns vorher gebührend von allen, welche uns so liebevoll unterstützt haben, zu verabschieden. So luden wir zum Grillfest ein und es kamen auch alle!
Im Zuge des Abschieds wollten wir unbedingt noch etwas hinterlassen …
und Lina hatte die beste Idee von allen!
Sie wollte in dem noch etwas kargen Garten einen Baum pflanzen,
der für immer an sie erinnern soll! *Heul*
Und so besorgte ich mit ihr einen kleinen Apfelbaum,
den Lina und alle Kinder an dem Grillabend zusammen einpflanzten.
Eine wahrlich wundervolle und warmherzige Idee und wir hoffen der Baum wird groß und kräftig!
Wir können uns nur ganz herzlich für Eure Gastfreundschaft, Eure Herzlichkeit, Euren Einsatz und Eure gewonnene Freundschaft bedanken.
Ihr als Team habt die Inspiration, den Mut und auch die Kraft Dinge zu vollbringen, wo andere Dienste scheitern!
Es war wundervoll diesem starken Team zu begegnen und wir werden immer an sie denken!
Allerdings holte uns dann die knallharte Gegenwart schneller ein als geplant …